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Honig und andere hochviskose Flüssigkeiten fließen in speziell beschichteten Kapillaren schneller als Wasser. Diese überraschende Entdeckung machten Maja Vuckovac und Kollegen an der Aalto-Universität in Finnland. Sie zeigten auch, dass dieser kontraintuitive Effekt auf die Unterdrückung der internen Strömung innerhalb viskoserer Tröpfchen zurückzuführen ist. Ihre Ergebnisse stehen im direkten Widerspruch zu aktuellen theoretischen Modellen zum Fließen von Flüssigkeiten in superhydrophoben Kapillaren.
Im Bereich der Mikrofluidik geht es darum, den Flüssigkeitsfluss durch eng begrenzte Kapillarbereiche zu steuern – üblicherweise zur Herstellung von Geräten für medizinische Zwecke. Flüssigkeiten mit niedriger Viskosität eignen sich am besten für die Mikrofluidik, da sie schnell und mühelos fließen. Viskositätsstärkere Flüssigkeiten können durch einen höheren Druck verwendet werden, allerdings erhöht dies die mechanische Belastung der empfindlichen Kapillarstrukturen, was zu Ausfällen führen kann.
Alternativ kann der Fluss durch eine superhydrophobe Beschichtung beschleunigt werden, die Mikro- und Nanostrukturen enthält, die Luftpolster einfangen. Diese Polster reduzieren die Kontaktfläche zwischen der Flüssigkeit und der Oberfläche erheblich, was wiederum die Reibung verringert – und den Fluss um 65 % erhöht. Allerdings nehmen diese Flussraten der aktuellen Theorie zufolge mit zunehmender Viskosität weiter ab.
Vuckovacs Team testete diese Theorie, indem es Tröpfchen unterschiedlicher Viskosität beobachtete, die durch die Schwerkraft aus vertikalen Kapillaren mit superhydrophoben Innenbeschichtungen gezogen wurden. Während sie sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegen, komprimieren die Tröpfchen die Luft unter ihnen und erzeugen so einen Druckgradienten, der mit dem im Kolben vergleichbar ist.
Während bei Tröpfchen in offenen Röhren die erwartete umgekehrte Beziehung zwischen Viskosität und Durchflussrate auftrat, kehrten sich die Regeln völlig um, wenn ein oder beide Enden verschlossen waren. Der Effekt war bei Glycerintröpfchen am ausgeprägtesten – obwohl sie drei Größenordnungen viskoser als Wasser waren, flossen sie mehr als zehnmal schneller als Wasser.
Um die physikalischen Grundlagen dieses Effekts aufzudecken, führte Vuckovacs Team Tracer-Partikel in die Tröpfchen ein. Die Bewegung der Partikel im Laufe der Zeit offenbarte eine schnelle innere Strömung innerhalb des weniger viskosen Tröpfchens. Diese Strömungen bewirken, dass die Flüssigkeit in die Mikro- und Nanostrukturen der Beschichtung eindringt. Dadurch wird die Dicke des Luftpolsters reduziert und die unter dem Tröpfchen stehende Druckluft kann nicht mehr durchdringen und den Druckgradienten ausgleichen. Im Gegensatz dazu weist Glycerin fast keine wahrnehmbare innere Strömung auf, was sein Eindringen in die Beschichtung verhindert. Dadurch entsteht ein dickeres Luftpolster und die Luft unter dem Tropfen kann sich leichter zur Seite bewegen.
Anhand ihrer Beobachtungen entwickelte das Team ein aktualisiertes hydrodynamisches Modell, das die Bewegung von Tröpfchen durch Kapillaren mit unterschiedlichen superhydrophoben Beschichtungen besser vorhersagt. Ihre Erkenntnisse könnten in weiterer Arbeit zu neuen Wegen für die Entwicklung mikrofluidischer Geräte führen, die in der Lage sind, komplexe Chemikalien und Medikamente zu verarbeiten.
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Veröffentlichungszeit: 10. Juli 2022


